Wald(an)sichten

14. Februar 2010

Sind es nun Erinnerungen an die finsteren Beschreibungen in den Grimmschen Märchen wo der böse Wolf lauerte oder sich Hänsel und Gretel auf ihrem Weg nach Hause verirrten. Oder eigene Kindheitserfahrungen in denen der Wald ein geheimnisvoller Ort mit verborgenen Schätzen, Wichteln und Feen war und so ganz nebenbei auch Abenteuerspielplatz dessen Größe in unserer kindlichen Vorstellung kaum fassbar war. Man fühlte sich auf schmalen Wildpfaden leicht wie ein Forscher im fernen Amazonas – umgeben von riesigen Bäumen in deren Blätterdach unzählige Vögel ein unbekanntes Lied sangen.

Für manche von uns ist der Wald ein fast heiliger Ort voll Ruhe und Harmonie. Zu Füßen jahrhunderter alter tief verwurzelter Bäume finden sie Kraft.

Für manche ist er nur Rohstoff mit steigendem Preis gemessen in Kubikmetern.

Auf mich haben Wälder eine ganz eigene faszinierende Wirkung.

Mit der Kamera in der Hand lasse ich mich von Formen und Farben inspirieren und versuche das Wesen des Waldes einzufangen. Bei diffusem Licht, bei Regen oder Schneegestöber, in den Momenten in denen die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne in den Wald dringen oder mit Einbrechen der Dunkelheit, finde ich meine Motive. Oft bleibe ich einfach stehen und beobachte wie durch das wandernde Licht fast surreale Stimmungen entstehen – flüchtige Momente.

Ich möchte diese für mich besonderen Augenblicke aus ihrer Vergänglichkeit lösen und durch die Art wie ich sie festhalte auf das Wesentliche reduzieren.

Das Ergebnis sind Bilder voller Farben und Bilder die durch Abstraktion das eigene Erinnern des Betrachters in Frage stellen. Für viele Betrachter ist aber der erste Ansatz das Bild in Frage zu stellen und als Ergebnis von Photoshop zu sehen. Fotografie hat immer mit dem Begriff einer vermeintlichen Realität zu kämpfen. Dabei ist Fotografie, auch wenn sie primär ein technischer Prozess ist, nie realistisch. Denn jeder trägt durch sein Wissen oder NICHTwissen und seine SEHerfahrung das Bild seiner eigenen Realität in sich. Susan Sonntag hat in ihrem Essay zur Fotografie dazu ein paar ganz interessante Gedanken formuliert. Manchen Betrachter möchte ich bitten, einen Tag draußen im Wald zu verbringen. Wahrzunehmen wie sich im Morgengrauen Konturen aus dem Dunkeln lösen und die vielumschriebene blaue Stunde auch einen Wald ebenso erscheinen lässt. Ich möchte sie bitten, bewusst zu schauen und zu sehen wie Licht und Schatten einen Wald verändern und was für eine Vielfalt an Farbnuancen möglich ist. Ich möchte sie bitten, zu erleben was für satte Farben der Wald nach dem Regen hat- noch bevor die Sonne durch die dunklen Wolken bricht. Ich möchte sie bitten, zu schauen wie an nebeltagen Konturen und Formen verschwinden…

Natur bietet so viel an Unglaublichen und Überraschenden.

Es liegt an uns, die Augen dafür zu öffnen.

Mein großer Dank an Dr. Rolf Voß und seine Mitarbeiter vom Regionalmuseum Neubrandenburg, an Matthias Wolf für seine Worte & klugen Gedanken, an Marc Hesse für die (wiedermal) phantastischen Prints und all meine Freunde und Wegbegleiter die mich das haben sein lassen, was ich bin.

Claudia Müller

Bis zum 05.04.2010 ist die Ausstellung täglich (außer Montag) von 10.00-17.00 Uhr in der Vierrade- mühle in Neubrandenburg zu sehen.

www.museum-neubrandenburg.de